07.07.2023

Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Nachrichten | CB Artikel

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 29.06.2023 (Az. 2 AZR 296/22) die Frage nach der Nutzbarkeit von gegen Datenschutzregeln verstoßender Videoüberwachung in einem Kündigungsschutzprozess geklärt. Im entschiedenen Fall soll ein Gießerei-Mitarbeiter, laut eines anonymen Hinweises, noch vor Schichtbeginn das Werksgelände wieder verlassen, ohne sich abzumelden, und somit den Lohn für die Schicht erlangt haben, ohne dafür gearbeitet zu haben. Sofern sich dieser Vorwurf bewahrheitet, läge ein Arbeitszeitbetrug vor, der ohne Abmahnung zur fristlosen Kündigung berechtigen könnte. Videoaufzeichnungen am Tor des Geländes konnten den Umstand bestätigen.

Problematisch war indes, dass die Videos, entgegen den auf dem Gelände angebrachten Hinweisschildern, nicht nach 96 Stunden gelöscht worden waren. Zudem durften die Videoaufzeichnungen laut Betriebsvereinbarung nicht zur Auswertung von personenbezogenen Daten verwendet werden. Daher widersprach der Kläger im Prozess der Verwertbarkeit der Aufzeichnungen. Dieser Auffassung schlossen sich dann sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG Niedersachsen an. Das BAG hingegen hob die Entscheidung des LAG auf, da es die Ansicht vertrat, dass ein möglicher Datenschutzverstoß nicht automatisch zum Beweisverwertungsverbot führen würde, zumal wenn ein vorsätzliches Fehlverhalten in Rede stehe und die Videokamera durch ein Schild ausgewiesen „und auch sonst nicht zu übersehen“ sei. Im Prozess um eine fristlose Kündigung wegen eines vorsätzlichen Fehlverhaltens wiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Aufklärung des Sachverhalts stärker als die Datenschutzinteressen des Beschäftigten. Zugleich entschied das BAG mit diesem Urteil, dass auch Betriebsvereinbarungen Beweisverwertungsverbote nicht eigenständig begründen können, da diese die Gerichte gerade nicht binden könnten.

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