28.02.2020

Wirtschaftsverkehr in Hamburg: Wir halten die Stadt am Laufen! – Forderungen an den künftigen Senat

Pressemitteilungen

UPDATE: Der Sicherheitsverband ASW Norddeutschland hat sich dem Bündnis für einen fließenden Wirtschaftsverkehr in der Hamburger Innenstadt angeschlossen. Ein Statement von ASW-Geschäftsführer Alexander Brückmann lesen Sie unten bei den Stellungnahmen.

Die Hamburger Wirtschaft wehrt sich gegen eine geplante Reduzierung des Verkehrs in der Hamburger Innenstadt, bei der die Bedürfnisse des Wirtschafts- und Lieferverkehrs völlig außer Acht gelassen werden. Deshalb hat sich ein Bündnis aus dem AGA Unternehmensverband, der Handwerkskammer Hamburg und sechs weiteren Verbänden gebildet. Dieses Bündnis will auf die Notwendigkeit eines flüssigen Wirtschaftsverkehrs in der City aufmerksam machen, der das tägliche Leben aller dort arbeitenden und lebenden Menschen erst ermöglicht.

Zu dem Bündnis gehören neben dem AGA und der Kammer auch der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH), der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh), der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), Landesgruppe Hamburg, der CDH im Norden – Wirtschaftsverband für Handelsvermittlung und Vertrieb sowie die Fachvereinigung Möbelspedition, Umzugslogistik und Relocation Hamburg (FAMÖ).

Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg: „Wo Versorgungssicherheit fehlt, leidet Lebensqualität. Dass dieser Fakt in der öffentlichen Debatte über autofreie Zonen kaum eine Rolle spielt, ist unverständlich und gefährdet das Ziel der Verkehrswende: dem Menschen zu dienen. Wie andere Quartiere auch muss die Innenstadt für das Handwerk zugänglich bleiben. Nach unseren Berechnungen führten 2019 durch Stau- und Parkplatzprobleme verursachte unproduktive Zeiten bei unseren Betrieben zu Verlusten von 17.030 Euro pro Jahr und Fahrzeug. Bereits heute lehnen einige Handwerker Aufträge ab, wenn Kunden keine Parkplätze vorweisen können. In der Folge entstehen daraus übrigens auch Sanierungsstaus, die die Klimawende ausbremsen – Sonnenkollektoren und energieeffiziente Heizkessel laufen eben nicht selbst zum Haus. Für nachhaltige Umwelt-, Verkehrs- und Mobilitätspolitik braucht Hamburg ein starkes und mobiles Handwerk an jedem Ort der Stadt. Ohne Handwerk keine Klimawende.“  

Dr. Hans Fabian Kruse, Präsident des AGA Unternehmensverbandes: „Die Diskussion um die Lieferverkehre in der Hamburger City erfolgt nach dem Motto: ‚Wasch mich, aber mach mich nicht nass.‘ Niemand will auf irgendetwas verzichten – nicht auf die Postzustellung, nicht auf die Lieferung von Lebensmitteln oder Medikamenten, nicht auf Dienstleistungen aller Art. Wie die Dienstleister und die Waren dorthin kommen sollen, und dass das auch Verkehr bedeutet, wird einfach ausgeblendet. So funktioniert das aber nicht. Leben und arbeiten in der Innenstadt braucht Mobilität und eine funktionierende städtische Infrastruktur. Dazu müssen Wirtschafts- und Lieferverkehre langfristig ermöglicht sowie sicherstellt werden und dürfen nicht diskriminiert werden. Die Handwerkskammer und der AGA möchten frühzeitig auf die Herausforderungen, die durch die Pläne zur Verminderung des Verkehrs entstehen werden, hinweisen, damit jetzt noch gegengesteuert werden kann.“

Die konkreten Forderungen der Unterstützer der Stellungnahme an den künftigen Hamburger Senat sind:

  • Erreichbarkeit gewährleisten: Gewerbetreibende und Dienstleister müssen ihre Kunden in Hamburg weiterhin direkt ansteuern können.
  • Besondere Lade-/Arbeitszonen, Mikro-Depots und Serviceparkplätze schaffen: Hamburgs Innenstadt braucht Lade- und Arbeitszonen sowie Serviceparkplätze, die dem Wirtschafts- und Lieferverkehr vorbehalten sind. Über Mikro-Depots wird das Bestücken von Lastenfahrrädern oder fußläufigen Transporthilfen für die Zustellung auf den letzten Metern ermöglicht.
  • Verkehrsinformation verbessern und digitalisieren: Digitale Verkehrs- und Parkraumlenkung kann Suchverkehre drastisch reduzieren. Hier erwarten Gewerbetreibende und Bürgerinnen und Bürger erhebliche Anstrengungen.
  • Dienstleistungen ermöglichen: Dienstleistungen, wie z.B. Umzüge, Reparaturen etc., müssen auch außerhalb der allgemeinen Lieferzeiten möglich sein.

Statements der Unterstützer:

Alexander Brückmann, Geschäftsführer der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft Norddeutschland (ASW): „Die Auswirkungen von Fahrverbotszonen, Sperrungen, Wegfall von Parkplätzen mit Verschärfung der Parkplatzsituation in Hamburger Citybereichen treffen den Schutz der Wirtschaft und des Eigentums. Während für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste sowie viele Dienstleister Sonderrechte bestehen, sind Einsatzfahrzeuge von Sicherheitsdienstleistern sowie Geld- und Werttransporte bisher davon ausgenommen, obwohl diese für den Schutz von Betrieben, Handel, Privateigentum und Versorgung der Bevölkerung und Handel mit Bargeld zuständig sind. Bei Alarmauslösungen oder Notfällen, wie z.B. Aufzugsbefreiungen, können diese Dienstfahrzeuge den Einsatzort nicht anfahren und die Intervention durchführen. Zum Alltag von Sicherheitsdiensten gehört esim Alarmfall das Fahrzeug in Parkhäusern abzustellen und weite Wege für die Einsatzkräfte in Kauf zu nehmen. Parken in Halteverbots- oder Einfahren in Fahrverbotszonen wird sofort mit einem Knöllchen geahndet. Die Sicherheitswirtschaft ist nach Aussage der Bundesinnenministerkonferenz ein wesentlicher Bestandteil der Architektur der inneren Sicherheit. Wir fordern für Einsatzfahrzeuge der Sicherheitsbranche Ausnahmegenehmigungen oder Sonderrechte nach § 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Leider stellen die zuständigen Behörden keine Sondergenehmigungen nach § 46 StVO für Sicherheitsfahrzeuge aus. Das Ganze entwickelt sich zu einem Ärgernis für unsere Branche. Deshalb unterstützen wir das Bündnis Bedürfnisse des Wirtschafts- und Lieferverkehrs.“

Dirk Reinsberg, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels: „Urbanes Leben und Arbeiten in einer nachhaltig und lebenswerten Stadt braucht Mobilität und städtische Infrastruktur, die Wirtschafts- und Lieferverkehre langfristig ermöglicht und sicherstellt und nicht diskriminiert. Dies ist für das tägliche Leben in der Stadt ebenso existentiell wie für die Betriebe des Getränkefachgroßhandels, die die innerstädtische Belieferung mit Getränken aller Art tagtäglich gewährleisten. Zum Erhalt des Wirtschaftsfaktors Stadt ist daher ein gemeinsames, abgestimmtes Vorgehens erforderlich, bei dem die Lieferverkehre hinreichende Berücksichtigung finden.“

Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh): „In den Zeiten, wo sich der Handel insgesamt komplett wandelt, müssen es auch die infrastrukturellen Bedingungen tun. Das Kernversprechen unserer Branche ist die Haustürzustellung. Hierbei geht es ausdrücklich nicht nur um die bequeme Art des Einkaufens, sondern auch um die Rolle des E-Commerce als Grundversorger. Der Onlinehandel bietet gerade älteren und mobilitätseingeschränkten Menschen in Stadt und Land eine zuverlässige Versorgung bis an die Haustür. Dieses Versprechen wollen wir auch in Zukunft halten und hierfür Bedarf es auch der Unterstützung durch die Politik.“

Die Kurier- Express- und Paketdienste (KEP) stellen in Hamburg aktuell ca. 250.000 Pakete täglich an Gewerbe und Private zu. Die Grundlage für die reibungslose Versorgung ist eine geeignete Verkehrsinfrastruktur einschließlich Haltemöglichkeiten für die gewerbliche Be- und Entladung. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik e.V. (BIEK), Marten Bosselmann, unterstützt daher die Forderungen der Hamburger Wirtschaft und stellt fest: „Die urbane Logistik stellt die Attraktivität Hamburgs als Standort für Wohnen und Einkaufen nur sicher, wenn sie ihre modernen Zustellkonzepte umsetzen kann.“

Karin Kaiser, Hamburger Landesvorsitzende des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa): „Wir brauchen keine künstliche Verkehrsbehinderung. Die pflegebedürftigen Menschen in Hamburg müssen von unseren Mitgliedsunternehmen zuverlässig versorgt werden. Auch wenn nicht alle Pflegebedürftigen mit dem Fahrzeug angefahren werden müssen, so ist dies doch in den meisten Fällen nicht anders zu machen. Die Wegezeiten sind knapp kalkuliert und die pflegebedürftigen Menschen benötigen und erwarten Ihre Versorgung zu festgelegten Zeiten. Was private Pflegedienste brauchen, sind kostenlose erforderliche Ausnahmegenehmigungen für das Parken in Verbotsbereichen, wie sie die Pflegedienste der Freien Wohlfahrtspflege erhalten.“

Philipp Krupke, Hauptgeschäftsführer der CDH im Norden – Wirtschaftsverband für Handelsvermittlung und Vertrieb: „Ein Handelsvermittler muss zu den üblichen Öffnungszeiten das Geschäft zwischen Kunden aus Handwerk, Einzelhandel oder produzierendem Gewerbe und den Lieferanten anbahnen. Weil er dazu immer Musterwaren bei sich führt, ist es unerlässlich, dass er zu jeder Zeit nah an seine Kunden herankommt. Damit wäre eine weitere Einschränkung der Wirtschaftsverkehre gerade in der Hamburger Innenstadt Gift für sein Geschäft. Eine Ausnahmeregelung für die Handelsvermittler wäre begrüßenswert. Wegen der Vielzahl der Kunden und der noch geringen Reichweite von E-Autos sind diese leider keine Alternative zu einem Auto mit Verbrennungsmotor.“

Susanne Kruse, Geschäftsführerin der FAMÖ – Fachvereinigung Möbelspedition, Umzugslogistik und Relocation Hamburg: „Ein Umzug in der City kann naturgemäß nicht geräuscharm und womöglich in den Nachtstunden stattfinden. Dies ist weder den Mitarbeitern der Umzugsunternehmen noch den Kunden zuzumuten. Unsere Umzugsunternehmen müssen ihre Dienstleistung auch zukünftig außerhalb der offiziellen Lieferzeiten durchführen können – mit zügig und unbürokratisch erteilten Genehmigungen.“

Die Verbändestellungnahme finden Sie hier.

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