08.01.2025

Übersee-Club: Aussichten 2025

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Ein fester Termin im Kalender der Hamburger Unternehmerinnen und Unternehmer sind zum Jahresauftakt die „Aussichten“ des Übersee-Clubs im Hotel Atlantic. Als einer von fünf Branchenexperten sprach AGA-Präsident Dr. Hans Fabian Kruse am 7. Januar 2025 für die Außenwirtschaft.

Kruse blickte zunächst auf ein turbulentes Jahr 2024 zurück, geprägt von geopolitischen Umwälzungen, eskalierenden Konflikten und zahlreichen Regierungswechseln. Er warnte vor einer brutalen Machtpolitik, die auch wirtschaftliche Beziehungen instrumentalisiere und langsam im deutschen Bewusstsein ankomme. „Wir befinden uns in einem hybriden Krieg mit Russland und erleben ein China, das seine Möglichkeiten testet. Wir müssen unbedingt wieder verteidigungsfähig werden und die europäischen Reihen schließen“, so Kruse. Zudem warnte er vor der zunehmenden Blockbildung zwischen den USA und China, die Firmen zu strategischen Anpassungen zwinge. „Nicht umsonst überlegen deutsche Unternehmen deshalb, wie sie in einer dualen Welt überleben können“, sagte er.

Sinkende Wettbewerbsfähigkeit

Die wirtschaftliche Bilanz für 2024 fiel ernüchternd aus: Das Bruttosozialprodukt habe bestenfalls stagniert. 2025 werde sich daran nicht viel ändern. Die Exporte seien stärker gesunken als die Importe. Wie schon in 2023 sei es mit den nominalen und realen Werten für den Außenhandel bergab gegangen. Der Außenhandelsüberschuss – Basis des deutschen Wohlstands – schwinde. „Deutschland ist immer weniger wettbewerbsfähig“, resümierte der AGA-Präsident. Zum Vergleich: Der Welthandel insgesamt erzielte 2024 ein Rekordvolumen von 33 Billionen US-Dollar und damit 3,3% mehr als im Vorjahr.

Der deutsche Außenhandel werde auch 2025 seine Funktion erfüllen, aber spiegele die allgemeine wirtschaftliche Lage wider: „Die Exporte nehmen ab, weil unsere Produktion weniger wettbewerbsfähig wird und die Nachfrage nach unseren klassischen Produkten abnimmt.“ Kruse schaute auch auf den Arbeitsmarkt – Rekordbeschäftigung stünde einem Rückgang der Arbeitsstunden und der schwierigen Suche nach den richtigen Fach- und Arbeitskräften gegenüber.

Energiekrise und Chance für Neustart

Die Versorgung mit wettbewerbsfähiger Energie bleibt laut Kruse eine der Hauptsorgen der Wirtschaft. Er kritisierte den nicht mit unseren europäischen Nachbarn abgestimmten Mehrfachausstieg – Stichwort „Dunkelflaute“. Wie bei der Verteidigung verlasse sich die Industrienation Deutschland auch bei der Energieversorgung auf andere.

Mit Blick auf die deutsche Regierungspolitik übte Kruse deutliche Kritik an „gut gemeinten Experimenten“ der Ampelregierung und dem „Aussitzen von Problemen“ durch die Große Koalition zuvor. Die Bundestagswahl und die Regierungsbildung böten jedoch die Chance für einen Neustart – für eine ehrliche Bestandsaufnahme und eine Konzentration auf das Wesentliche.

Heimatmarkt Europa

Angesichts der außenpolitischen Herausforderungen warb Kruse umso mehr für die europäische Gemeinschaft: „Deutschland braucht einen freien Weltmarkt und ein möglichst starkes Europa. Europa ist unser Schicksal und die Europäische Union unser Heimatmarkt. Mit Europa machen wir mehr als zwei Drittel unserer Geschäfte.“

Der AGA-Präsident plädierte für eine intensivere deutsch-französische Zusammenarbeit und eine neue Dynamik in der europäischen Politik, unter anderem bei Finanzen, Handel, Verkehr und Energie. Europa solle den Unternehmen mehr Freiräume geben und den Freihandel stärken. Mit Freihandelsabkommen, „die den Austausch erleichtern, Kompromisse für gemeinsame Standards finden und nicht mit Ideologie überfrachtet werden.“

Handelspartner USA und China

Die Rede schloss mit einer Einschätzung der beiden wichtigsten Handelspartner. Für den AGA-Präsidenten werden die USA im Jahr 2025 wohl der größte einzelne Handelspartner und wichtigste Sicherheitsanker bleiben, wenn auch unter Präsident Donald Trump mit mehr Unsicherheit und vielen Überraschungen zu rechnen ist. In protektionistischen Maßnahmen der USA gegen China erkannte Kruse durchaus eine Chance für Deutschland. China selbst nutze alle Mittel, um zur stärksten Weltmacht aufzusteigen. Die massive staatliche Förderung chinesischer Industrien verdränge deutsche Unternehmen, hiesige Produzenten gerieten durch unfairen Wettbewerb auf Plattformen wie Temu und Shein unter Druck. Dr. Hans Fabian Kruse betonte: „Europa braucht ein realistisches Chinabild, eine klare Strategie und ein angepasstes Verhalten.“

Trotz aller Herausforderungen und Unwägbarkeiten sagte Kruse zum Schluss: „Ich bleibe Optimist und glaube an die europäische Idee und unsere gemeinsame Kraft mit Erfindungsgeist und weniger Detailregulierung die Zukunft zu meistern.“

Für die weiteren Branchen sprachen bei den Aussichten 2025:

  • Schifffahrt: Dr. Gaby Bornheim, Präsidentin | Verband Deutscher Reeder (VDR)
  • Tourismus: Michael Otremba, Geschäftsführer | Hamburg Tourismus GmbH
  • Medien: Jörn Lauterbach, Präsident | Allgemeiner Hamburger Presseclub e.V.
  • Finanzwirtschaft: Eberhard Sautter, Vorsitzender Finanzplatz Hamburg e.V.

Fotos: Christian Ströder/AGA

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