17.01.2017

Übersee-Club: Aussichten 2017

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Flüchtlingskrise, Brexit, Terror, die Wahl Donald Trumps – das Jahr 2016 hatte einschneidende Momente, die die Menschen zum Nachdenken gebracht haben. Und auch 2017 wird ein Jahr mit vielen Herausforderungen. Dennoch ließen sich die Köpfe der Hamburger Wirtschaft beim traditionellen Jahresauftakt des Übersee-Clubs im Hotel Atlantic Kempinski ihren Optimismus nicht nehmen.

„Wir lassen uns nicht beunruhigen, wir informieren uns. The best ist yet to come. Ich mag die Hoffnung nicht aufgeben“ – das gab Michael Behrendt, Präsident des Übersee-Clubs den Gästen in seiner Eröffnungsrede mit auf den Weg.

Als erstes gab AGA-Präsident Dr. Hans Fabian Kruse seine Einschätzung für den Außenhandel: „Deutschland geht es sehr gut, 1,9 Prozent Wirtschaftswachstum, 360 Tausend neue Arbeitsplätze, kräftiges Wachstum der Reallöhne, IFO-Index bei 111, selten ging es Deutschland besser.“ Und auch die Aussichten für 2017 sieht der Präsident positiv: „In Deutschland ein Wirtschaftswachstum von vielleicht 1,5 Prozent und für den Außenhandel erwartet unser Bundesverband eine Zunahme von bis zu 2,5 Prozent.“ Aber warum ist das so? „Weil wir weiter gedopt werden, vom relativ niedrigem Ölpreis, von den zu niedrigen Zinsen und dem vorteilhaften Währungskurs. Aber auch aufgrund der guten Wirtschaftslage, die sich selbst weiter verstärkt, aufgrund des europäischen Binnenmarktes, von dem wir als stärkstes Mitglied am Meisten profitieren und aufgrund unser mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur. Das sind keine langsamen Tanker, sondern Tausende von Schnellbooten, die jedes Jahr neue Ideen, neue Produkte, neue Lösungen produzieren.“

Dr. Kruse, zeigte Verständnis für die Menschen, die aufgrund der Schnelligkeit der Veränderungen verunsichert sind, aber: „Globalisierung und technischer Fortschritt haben generell alle reicher gemacht und das Leben für Milliarden von Menschen verbessert. In Deutschland ist die Globalisierung somit keine Bedrohung, sondern eine Grundlage unseres Wohlstands. Ja, der schnelle Wandel kann auch beunruhigen und irritieren. Jeder Mensch hätte lieber Stabilität. Doch: Die Globalisierung lässt sich nicht stoppen. Das liegt schon an der Digitalisierung, die ungebremst fortschreitet und an Grenzen nicht Halt macht.“

Zu Amerika und seinem President elect sagte Dr. Kruse: „Amerika hat gewählt und Donald Trump kommt jetzt ins Weiße Haus. Der Chef des US-Industrieverbands erwartet Wirtschaftswachstum, Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen. Das Ausland hegt zumeist Befürchtungen. Sicher ist: Der Stil wird ganz anders. Unklar ist, was die neue Regierung wirklich tun wird. Sie startet auf einem guten Fundament, denn am Ende der Obama-Ära wächst die Wirtschaft und die Arbeitslosigkeit ist niedrig.“

Fazit: „Gerade die norddeutschen Außenhändler kennen sich aus mit Veränderungen. Sie sind flexibel, schnell und innovativ. Sie wissen, dass in Veränderungen – sei es durch den Brexit, Trump oder die Digitalisierung – auch immer Chancen liegen. Wir bleiben deshalb für 2017 optimistisch und lassen uns von den vielen Herausforderungen nicht schrecken.“

Als nächstes berichtete Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, über die Perspektiven für den Hafen: „Zweistellige Wachstumsraten bei den europäischen Häfen, wie wir sie 2006/2007 hatten, werden mittel- und langfristig nicht mehr zurückkommen.“ Im Vordergrund für eine positive Entwicklung des Hamburger Hafens ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) in Leipzig zur Fahrrinnenanpassung der Elbe: „Ich bin mir sehr sicher, äußerst sicher, fast sicher, dass der Baustopp aufgehoben wird. Aber ob es danach schnell mit den Baumaßnahmen weitergeht, da bin ich skeptisch.“ Die Prognose von Gunther Bonz für 2017: „Es wird ein kleines Wachstum geben. Zu mehr reicht es nicht.“

Andreas Bartmann, Vorsitzender des Fachverbandes Hamburger Einzelhandel, konnte von einem sehr guten Jahr 2016 für den Einzelhandel in der Hansestadt berichten: „Mit einem Umsatzplus von 2,5 Prozent auf 13 Milliarden Euro hat der Hamburger Einzelhandel 2016 wieder einen neuen Rekord aufgestellt.“ Für 2017 ist Andreas Bartmann gedämpft optimistisch: Der Anstieg der Inflation und die steigenden Energiepreise seien eine Herausforderung. Ein weiteres Problem sei der Strukturwandel im Einzelhandel: „Bis 2020 werden rund 50.000 Geschäfte schließen. Das sind gerade kleine, Inhaber geführte Unternehmen. Die Traditionshäuser geben auf.“

Neu in der Runde der Experten war der Präsident des Allgemeinen Hamburger Presseclubs, Klaus Ebert. Der Journalist beschrieb die Medienbranche gerade in Hamburg, in der aktuell rund 110.000 Menschen angestellt sind, als herausfordernd aber nicht hoffnungslos. Im Gegenteil: „Hamburg ist gut aufgestellt und hat die besten Voraussetzungen, die Digitalisierung zu bewältigen.“
Für die Industrie in Hamburg stieg Michael Westhagemann, Vorsitzender des Industrieverbands Hamburg, in den Ring. Ihn treiben vor allen Dingen zwei Themen um: die Digitalisierung und die Energiewende: „Im Gegensatz zu digitalen Unternehmen benötigt die Industrie eine tiefe Wertschöpfungskette. Wir werden die Digitalisierung vorantreiben und ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird.“ Bei der Energiewende beunruhigt Michael Westhagemann vor allem der schleppende Netzausbau: „Uns fehlen 6.300 Kilometer Netz. Aktuell sind aber gerade einmal 360 Kilometer genehmigt worden.“

Eine liebgewonnene Tradition ist es bei den Aussichten des Übersee-Clubs, dass Dr. Harald Vogelsang, Vorstandssprecher der Hamburger Sparkasse, vorrechnet, welche Rendite man mit 100.000 Euro in 2016 hätte erreichen können: Am negativen Ende liegen Aktien aus Nigeria, die Ende 2016 nur noch rund 61.000 Euro wert gewesen wären. Wer auf das Pfund gesetzt hätte, wäre bei 86.000 Euro gelandet, bei europäischen Aktien wäre es ein Nullsummenspiel geworden. Wer seine 100.000 Euro in Gold angelegt hätte, hätte 112.000 Euro herausbekommen, US-Aktien hätten 118.000 eingebracht. Richtig interessant wird es bei russischen Aktien, die 152.000 Euro wert gewesen wären, nur Öl mit 157.000, kasachische Aktien mit 165.000 Euro und brasilianische Aktien mit 173.000 Euro hätten eine noch höhere Rendite erwirtschaftet.

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