14.10.2015

AGA trifft impulse: Aus Fehlern lernen

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Scheitern ist in Amerika fast ein Muss, bevor man erfolgreich werden kann. Ganz anders als in Deutschland, wo es ein Makel ist, Fehler zuzugeben: Wer scheitert, schweigt. Am gestrigen Abend sprachen Ole von Beust, Rechtsanwalt und von 2001 bis 2010 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Axel Stürken, Geschäftsführender Gesellschafter vom Leuchtturm Albenverlag und Gründer von Torquato, mit Dr. Nikolaus Förster, impulse-Chefredakteur und Geschäftsführender Gesellschafter der Impulse Medien GmbH, über das Fehlermachen und die Lehren, die man daraus ziehen kann.

„Europa hat Scheitern nicht auf dem Schirm. Wir in Europa sind mehr auf Besitzstandswahrung als auf Risiko aus. Das scheint in unserer Tradition verankert zu sein“, stellte Ole von Beust fest. Er sei zwar auch nicht risikoreich gewesen, aber mit 16 in die CDU einzutreten, war schon ein Wagnis: „Als ich jung war, waren alle Marxisten. Da war es schon sehr unkonformistisch, in der CDU zu sein.“ 
„Früher haben wir Briefmarkenalben verkauft, heute macht das gerade einmal 15 Prozent unseres Geschäfts aus. Mir war mit 20 Jahren klar, dass ich mit Briefmarkenalben nicht bis zur Rente kommen würde. Also mussten wir Dinge ausprobieren, wofür wir mehrere Jahre Zeit hatten. Für eine gute Idee braucht man zehn schlechte“, sagte Axel Stürken. 

Ole von Beust wurde stark von einem Spruch seiner Großmutter geprägt: „Haben kommt von behalten. Das war ihr sehr wichtig.“ Also kein Hang zum Risiko, aber Fehler hat der ehemalige Bürgermeister doch gemacht: „Ich bin häufig in meinem Leben Opfer meiner Spontaneität geworden und habe manchmal wenig durchdachte Sachen von mir gegeben.“ Als weiteres Versäumnis sieht Ole von Beust, dass er sein ganzes Leben lang in Hamburg geblieben ist: „Verstehen Sie mich nicht falsch. Hamburg ist eine tolle Stadt, aber im nächsten Leben würde ich gerne eine Zeit im Ausland leben. Das war ein struktureller Fehler von mir.“ 

Politisch hadert der Ex-Bürgermeister nur mit wenigen Entscheidungen: „Die Schulreform so schnell durchzuziehen, war ein Fehler. Das Ziel prinzipiell war richtig und ich wollte die schwarz-grüne Koalition nicht belasten. Als Politiker Schwäche zu zeigen, ist vielleicht menschlich nett, aber politisch nur mäßig beliebt. Man darf keine Schwäche zeigen.“ Dem stimmte Axel Stürken zu: „Mitarbeiter wollen keinen schwachen Chef, sie wollen, dass er vorweggeht. Unser wirtschaftliches System ist aber fehlertoleranter als die Politik. Dort steht man immer unter Beobachtung. Wir als Unternehmer können Fehler auch mal zugeben.“ 

Ein Grund, warum nur wenige Unternehmer in die Politik gehen, ist nach Ansicht von Ole von Beust, dass Politik gnadenlos transparent ist: „Und das ist heute noch schlimmer als früher. Deshalb geht es bei einer Entscheidung nicht nur darum, wie gut die Qualität ist, sondern auch, wie sie ankommt. Unternehmer sind weniger kritikfähig als Politiker und wollen sich das nicht antun.“ Seine Koalition mit Ronald Schill wertet von Beust im Nachhinein nicht als Fehler. „Hamburg war 44 Jahre lang SPD-geführt. Jetzt wollten wir an die Macht.

Eine Koalition mit der SPD kam für mich nicht infrage. Die hätte uns am ausgestreckten Arm verhungern lassen.“ Natürlich habe Schill rechte Sprüche gemacht, aber: „Wir haben mit Schill keine rechte Politik gemacht, denken Sie nur an die Fixerstuben, die wir eingerichtet haben, oder an das Angebot eines alternativen Standorts für die Bauwagen.“ 

Auf die Frage von Dr. Förster, ob sich im Laufe des Lebens eine gewisse Altersmilde und Gelassenheit einstellt, antwortete  Axel Stürken: „Die Perspektive ändert sich. Am Anfang will man erfolgreich sein, später nimmt die Eitelkeit ab und man wird gelassener. Was aber bleibt ist, dass man neue Ziele braucht. Aus Fehlern zu lernen, ist das Wesen des Kaufmanns – trial and error. Du lernst auch aus Fehlern, die du fast gemacht hast.“ 

Nach der lebhaften Diskussion ging es für die rund 25 Gäste in die Redaktion von impulse, wo Dr. Förster erklärte, wie das Heft entsteht. Der Abend endete bei Wein, Käse und Brot bei einem entspannten Get-together. Der Abend hat sicherlich dazu beigetragen, über die Kultur des Scheiterns nachzudenken.