13.05.2019

5 Fragen an Maike Schaefer (Bündnis90/Die Grünen)

Nachrichten | Politik

Maike Schaefer (Jahrgang 1971) ist eine deutsche Biologin und seit Juni 2015 die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in der Bremischen Bürgerschaft, der sie als Abgeordnete seit 2007 angehört. Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen 2019 ist sie die Spitzenkandidatin der Grünen.

AGA: Prognosen sprechen von einem engen Rennen bei der Bürgerschaftswahl in Bremen. Warum sollten die Bürger Bremens gerade Ihre Partei wählen? 

Maike Schaefer: „Die zwölf Jahre GRÜNER Regierungsbeteiligung waren nicht leicht – aber erfolgreich. Vor allem haben wir GRÜNE durch eigene Anstrengungen erreicht, dass die Neuverschuldung Bremens gestoppt wurde und Bund und Länder uns nun mit 400 Mio. Euro jährlich unterstützen. Wir haben dadurch neue Möglichkeiten für Investitionen: beim Klimaschutz, für die Verbesserung von Kitas, Schulen und Hochschulen, für die Modernisierung von Infrastruktur und Verwaltung. Für neue Ideen. Aber ohne neue Schulden. Wir wollen wieder Regierungsverantwortung übernehmen. Wir sind überzeugt: GRÜN macht den Unterschied!“

AGA: Die Infrastruktur in und um Bremen ist trotz aller Bemühungen immer noch sehr verbesserungsbedürftig. Wie wollen Sie die Infrastrukturprobleme lösen?

Schaefer:  „Aufgrund der Haushaltsnotlage Bremens war es in den vergangenen Jahren oftmals nur möglich, das Nötigste der öffentlichen Infrastruktur (wie Straßen und Gebäude) zu sanieren. Aber auch dabei haben wir GRÜNE stets darauf geachtet, nicht nur die Funktionalität wiederherzustellen, sondern auch zu verbessern: So wurden öffentliche Gebäude energetisch saniert; und bei der Erneuerung von Straßen wurde teils auch der Straßenquerschnitt zugunsten von höherer Aufenthaltsqualität und Lärmschutz angepasst.

Auch wenn die künftigen Haushalte mehr Spielraum bieten, können wir keine Luftschlösser bauen. Hier gilt es Prioritäten zu setzen, wie zum Beispiel bei der Sanierung von Brücken. Die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur geht einher mit einer Verbesserung der Angebote für den nichtmotorisierten Individualverkehr, sei es der Ausbau von Straßenbahnlinien, auch ins Umland, Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehrs oder der Bau neuer Querungen über die Weser – zur Entlastung staubelasteter Routen.

Zur Infrastruktur gehört aber auch der flächendeckende Breitbandausbau. Hier wollen wir die letzten Lücken schließen. Wir halten es für ein Ärgernis, dass die privaten Anbieter in den neu erschlossenen Gewerbegebieten ihre Angebote erst installieren, wenn genug Nachfrage zusammengekommen ist.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt für uns GRÜNE auf der Ökologisierung von Infrastruktur. Wir werden die vernetzte, emissionsfreie Mobilität in Bremen fördern. Dies umfasst alle Ebenen, sei es beim Auto, der Installation einer zukunftsweisenden Ladeinfrastruktur, bei Schiffen, Bussen, Bahnen oder Lastenrädern. Wir werden Bremen zu einer Modellregion für Elektromobilität und autonomes Fahren in Europa machen. Dazu gehören vor allem Kompetenzen und Produktion in den Schlüsselbereichen Batterien, Brennstoffzellen und Synthesekraftstoffen. Den Umbau der Bremer Innenstadt wollen wir nutzen, um neue verkehrsentlastende Logistikkonzepte für den innerstädtischen Warentransport zu erproben.“

AGA: Welche Rolle spielt die deutsche Außenwirtschaft für Bremen? 

Schaefer: „Bremen ist ein Handelsstandort mit jahrhundertealter Tradition, und die bremischen Häfen zählen zu den wichtigsten Standorten Europas für den Umschlag von Waren und Gütern – von daher ist die Außenwirtschaft von großer Bedeutung für den Erhalt der Selbstständigkeit des Landes Bremen. Bei den außenwirtschaftlichen Beziehungen treten wir für Menschenrechte, Frieden, politische Teilhabe, Demokratie, soziale Gerechtigkeit, eine ausgewogene globale Entwicklung und die internationalen Nachhaltigkeits- und Klimaziele ein. Wir stehen für eine Handelspolitik, die sich an sozialen und ökologischen Werten ausrichtet. Daher haben wir dafür gesorgt, dass im öffentlichen Beschaffungs- und Vergabewesen des Landes Bremen Umwelt- und Fairness-Kriterien berücksichtigt werden. Und wir setzen uns für Handelsabkommen ein, die transparent verhandelt werden und nach sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien ausgerichtet sind. Das gilt auch für Wirtschaftsförderungen, Kooperationen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit und Beteiligungen des Landes an Unternehmen.“

AGA: Wie stehen Sie zum Thema bedingungslose Grundrente? 

Schaefer: „Immer mehr Rentner*innen sind von Altersarmut betroffen. Dass Menschen im Alter ein gutes und selbstbestimmtes Leben führen können, ist für uns eine Frage von Gerechtigkeit und Würde. Auf Bundesebene setzen wir GRÜNE uns daher für eine armutsfeste Garantierente ein. Diese soll langjährig Versicherte vor Armut im Alter schützen; und wer aus rein medizinischen Gründen eine Erwerbsminderungsrente bezieht, darf nicht durch Abschläge bestraft werden. Eine gesetzlich garantierte Rente, die alle einbezieht, ist nach unserer Auffassung der richtige Schritt. Soziale Gerechtigkeit heißt für uns, alle, die sich in einer vergleichbaren wirtschaftlichen Situation befinden, auch in der Alterssicherung gleich zu behandeln. Dazu gehören für uns auch alle Selbstständigen, die nicht anderweitig abgesichert sind. Beamt*innen sowie Freiberufler*innen wollen wir perspektivisch in die Bürgerversicherung integrieren.“

AGA: Welches sind darüber hinaus die größten Herausforderungen für Bremen in den kommenden Jahren und wie wollen Sie diese lösen? 

Schaefer: „Klimaschutz: Die größte Herausforderung für uns alle ist der Klimawandel. Wir müssen den Klimaschutz international und lokal machen, wir müssen ihn heute machen, radikaler und durchgreifender. Deshalb soll bis 2023 in Bremen Schluss mit der Kohleverstromung sein. Die fossilen Energieträger wollen wir durch CO2-neutrale Alternativen ersetzen, die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude forcieren und die Energieffizienz in Produktion und Haushalten fördern. Dazu gehört auch, die Wirtschaftsförderung stärker auf Gemeinwohl, Ressourcenschonung, Klimaschutz und ökologischen Umbau auszurichten.

Integration: Eine weitere große Herausforderung ist die Integration von Geflüchteten, die in Bremen ein neues Zuhause gefunden haben. Auch wenn bereits große Schritte gemacht wurden: Integration ist keine Kurzstrecke. Wir wollen unsere Investitionen in Sprachkurse, in Bildung und Ausbildung intensivieren und den Zugang zu Arbeit und Studium fördern.

Bildung: Vom Kindergarten bis zur Universität – wir wollen und können jetzt erheblich mehr Mittel in die Bauten und das Personal der Bildung investieren, in neue Kitas, Schulneu- und -umbauten, bessere Lehre an den Hochschulen. Unser Maßstab dabei sind Qualität und Verlässlichkeit.

Rechtsextremismus: Wir erleben heute, dass die Menschenrechte aller, dass die demokratischen Errungenschaften wie die Parlamente, die Unabhängigkeit der Justiz und der Medien, die Verantwortung für unsere Geschichte wieder in Frage gestellt werden. Wir GRÜNE werden diesen Feinden der Demokratie mit allen Mitteln des Rechts und der politischen Auseinandersetzung entgegentreten. Die Rechtsextremen und Populisten wollen die Unsicherheiten der gegenwärtigen Umbrüche benutzen und Politik mit der Angst machen. Wir aber wollen den Schutz der Menschen gegen diese Unsicherheiten stärken mit guter Sozialpolitik, Regulierung der Wirtschaft und bürgerfreundlicher innerer Sicherheit. Und gleichzeitig die Menschen dabei unterstützen, auch die Chancen der gegenwärtigen Umbrüche zu nutzen. Zukunft wird aus Mut gemacht!“